Kirschleben – eine typografische (Auf)Lösung
3. März 2024, Typografie
Erste Walzstation: Dresdner Grafikwerkstatt
Das Thema Erinnerung in all seinen Dimensionen inspirierte mich zu meinem dritten typografischen Projekt. Inhaltlich setzte ich mich mit folgender Problematik auseinander: Während die Lebensjahre vergehen, scheinen sich die Erinnerungen von mir und meinen Lebensbegleiter*innen auseinander gelebt zu haben. Meine Vergangenheit bekommt große Lücken, wenn ich sie mit denen meiner Freund*innen und Geschwistern vergleiche. An einige Szenen kann ich mich absolut nicht erinnern. Sprechen sie von Erlebnissen mit mir? Habe ich vergessen, verdrängt? Wie ein Puzzle können wir, wollen wir, das Vergangene zusammenfügen. Und scheitern. Es werden für immer Lücken bleiben. Die Lücken werden irgendwann überwiegen.
Dieses Thema und die Beschäftigung mit der für viele Menschen erschreckenden Krankheit Demenz möchte ich in meiner Arbeit sichtbar werden lassen. Dieses Vergessen, nicht mehr greifen können und das erscheinen einer unbekannten Vergangenheit wird zu einer Normalität, über die ich in den letzten Jahren viel nachgedacht habe. Menschen mit Demenz und vor allem auch die pflegenden Angehörigen zu begleiten, ist eine große und sehr wichtige Herausforderung.
Drittes Projekt: Kirschleben – eine typografische (Auf)Lösung
Für die typografische Arbeit verwendete ich japanisches Papier. Das zarte, fast transparente dieses Druckhintergrunds trägt die sich auflösenden und entstehenden Botschaften.
Für die Umsetzung entschied ich die Schrift Maxima zu verwenden. Die Klarheit der Schrift trägt den Sinn meiner Arbeit. Die auch als »DDR-Helvetica« bekannte Type passt sehr gut zu dem Ort meiner ersten Walzstation.
Das Setzen der ziemlich leeren Zeilen stellte eine Herausforderung dar. Ich entwickelte eine einfache Variante, die komplette Zeile schob ich über die zu setzenden Zeilen und schuf mir so eine nutzbare Vorlage.
Mit dem Schließrahmen arbeitete ich weiter an der Stellung der einzelnen Typen. Schon unter Zeitdruck schaffte ich ein akzeptables Ergebnis. Den Druck führte ich an einer Handpresse durch. Zum Einschwärzen verwendete ich eine Schablone.
Viertes Projekt (unvollendet): Algraphie
Zwei Tage meiner Walz führten mich die Drucker der Dresdner Werkstatt in das Verfahren der Algraphie ein. Ich schuf mir den Hintergrund für eine Satzarbeit, die ich in einer der nächsten Stationen umsetzen möchte.
Links
Weitere Informationen zur Walz: Verein für die Schwarze Kunst
Die Grafikwerkstatt in Dresden: Grafikwerkstatt Dresden
Tag der Druckkunst, 15. März
In der Spielkartenfabrik Stralsund werde ich zum Tag der Druckkunst eine Vorführung geben: Das kleine g bekommt eine große Bühne